Negative Strompreise – und deren Auswirkungen auf Unternehmen

Negative Strompreise – und deren Auswirkungen auf Unternehmen
Bildquelle: Billion Photos / www.shutterstock.com

Strom verschenken – klingt paradox, ist aber Realität. In den letzten Jahren sind in Deutschland immer häufiger sogenannte negative Strompreise aufgetreten.

Sie entstehen, wenn in das Stromnetz mehr Energie eingespeist wird als verbraucht werden kann – ein Phänomen, das vor allem durch den Ausbau erneuerbarer Energien verstärkt wird.

Die Energiekosten unterliegen damit immer stärker den volatilen Bedingungen des Energiemarkts – was Unternehmen vor neue Herausforderungen stellt. Denn Negative Strompreise bringen gewisse Risiken, eröffnen aber zugleich Chancen, Kosten zu senken und Prozesse smarter zu gestalten.

In diesem Artikel erfahren Sie, was negative Strompreise sind, warum sie immer relevanter werden und welche Möglichkeiten sich für Unternehmen (zukünftig) daraus ergeben.

Was sind negative Strompreise?

Negative Strompreise entstehen, wenn im Stromnetz mehr Strom angeboten wird, als Verbraucher in diesem Moment nachfragen.

Ein solches Überangebot tritt typischerweise auf, wenn viel erneuerbare Energie gleichzeitig eingespeist wird – vor allem durch Wind- und Photovoltaikanlagen – während die Stromnachfrage niedrig ist. Klassische Beispiele sind Wochenenden oder Feiertage, in denen Industrie und Gewerbe wenig Strom verbrauchen.

Die Regulierung solcher Situationen ist bislang nur eingeschränkt möglich, weil es

  1. eine Vielzahl an Gründen dafür gibt, warum Erneuerbare-Energien-Anlagen nicht einfach abgeschaltet werden – sie reichen von technischen Beschränkungen bis hin zu wirtschaftlichen Überlegungen.
  2. Konventionelle Kraftwerke (z. B. Kohle- oder Kernkraftwerke) nur träge auf Laständerungen reagieren können, da das Herunter- und Hochfahren Zeit kostet und zusätzliche Kosten verursacht.

Für Betreiber von konventionellen Kraftwerken ist es in solchen Situationen oft günstiger, Strom mit einem negativen Preis ins Netz zu leiten, anstatt Anlagen kurzfristig abzuschalten. In solchen Situationen zahlen die Stromproduzenten also sogar dafür, dass ihr Strom gekauft wird.

Für Unternehmen bedeutet das: In Zeiten negativer Strompreise kann Strom am Spotmarkt zeitweise nicht nur sehr günstig, sondern sogar mit einer Vergütung verbunden sein. Wer über flexible Prozesse oder variable Tarife verfügt, kann hiervon profitieren.

Negative Strompreise sind ein Symptom eines unausgewogenen Energiesystems – ein Systemfehler, der kurzfristig Chancen bietet, langfristig aber behoben werden muss. Unternehmen können davon profitieren, wenn sie Energie gezielt in solchen Phasen beziehen. Doch klar ist: Wir fördern aktuell Energieerzeugung am Bedarf vorbei. Diese Marktstörung wird sich mit dem Ausbau von Speichertechnologien und Flexibilitätsoptionen perspektivisch herauswachsen.

Jan-Oliver Heidrich, Geschäftsführer EHA

Negative Strompreise – Entwicklung und Status quo

Noch vor wenigen Jahren galten negative Strompreise als Ausnahmeerscheinung. Heute treten sie regelmäßig auf, wenn auch meist nur für wenige Stunden.

Negative Strompreise 2024/2025

2024 und auch schon 2025 kam es in Deutschland an mehreren Tagen zu Phasen mit negativen Preisen.

Unsere Analysen bei EHA zeigen: Dieses Phänomen ist längst Teil der neuen Realität am Strommarkt.

Für die nächsten Jahre erwarten wir eine weitere Zunahme solcher Situationen. Der Anteil erneuerbarer Energien im Strommix wächst kontinuierlich, gleichzeitig fehlen vielerorts noch ausreichend Speicher- und Flexibilitätsoptionen, um Überschüsse abzufangen. Auf Basis aktueller Daten sehen wir deshalb eine Entwicklung hin zu regelmäßigeren Phasen negativer Preise – auch wenn diese zeitlich schwer planbar bleiben.

Anzahl negativer Preisstunden im Zeitverlauf

*Stand Mai 2025

Unsere Prognose: Die zukünftige Entwicklung

Mit dem weiteren Ausbau erneuerbarer Energien und dem verzögerten Ausbau von Speichern und Netzinfrastruktur rechnen wir mittelfristig bis 2030 mit einer deutlichen Zunahme von Preisschwankungen. Unternehmen können profitieren, wenn sie ihren Energiebedarf zentral steuern und strategisch beschaffen.

Langfristig (ab 2030+) erwarten wir aktuell eine gewisse Stabilisierung. Neue Speichertechnologien, der Ausbau von Flexibilitätsmärkten und intelligente Netze werden extreme Preisausschläge abmildern. Dennoch bleibt der Trend bestehen: Unternehmen, die frühzeitig in ein aktives Energiemanagement investieren, sichern sich nachhaltige Vorteile. 

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Bedeutung von negativen Strompreisen für Unternehmen

Negative Strompreise sind für Unternehmen kein reines Geschenk, sondern eine Entwicklung mit doppeltem Charakter.

Chancen durch negative Strompreise

Unternehmen, die auf eine strukturierte Beschaffung, setzen, können von fallenden Preisen und günstigen Marktphasen profitieren, um Preisspitzen zu umgehen und um Kostensicherheit zu schaffen.

Unternehmen mit flexiblen Prozessen können Strom genau dann nutzen, wenn er besonders günstig oder sogar mit einer Vergütung verbunden ist.

Typische Anwendungsfelder können sein:

  • das Laden von Elektrofahrzeugen,
  • die Steuerung von Kühlanlagen (Kälte kann unter bestimmten Bedingungen zeitversetzt erzeugt und in Kühlhäusern oder Pufferspeichern zwischengespeichert werden) oder
  • die Verschiebung energieintensiver Produktionsschritte.

Wer seine Lasten gezielt steuern kann, erzielt spürbare Einsparungen und verschafft sich einen Vorteil im Wettbewerb.

Herausforderung negative Strompreise

Negative Strompreise sind meist nur kurzfristig vorhersehbar und damit ist es schwierig, mit ihnen zu planen oder sie gewinnbringend zu nutzen.

Durch den Marktmechanismus hinter den negativen Strompreisen können für Betreiber größerer Photovoltaik- oder Windanlagen zudem Einnahmeverluste entstehen, denn:

  1. Nach aktueller EEG-Regelung entfällt die Einspeisevergütung in Phasen negativer Börsenpreise – bislang nach mehreren Stunden, künftig teils schon in den einzelnen Viertelstunden. Eine aktuelle Übersicht zu den geltenden Regelungen und Sonderregelungen je nach Anlagengröße und Inbetriebnahme finden Sie direkt bei der Clearingstelle EEG/KWKG.
  2. Anlagen ab einer bestimmten Größe müssen vom Netzbetreiber auch technisch abgeregelt werden können, wenn die Netzstabilität es erfordert. Auch hier stellt die Clearingstelle EEG/KWKG alle Informationen zur Verfügung.

Beide Mechanismen sind bereits heute Realität und werden mit zunehmender Häufigkeit negativer Preise sowie wachsendem Einspeiseanteil erneuerbarer Energien in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen.

Unsere Beobachtung bei EHA

Wir sehen, dass viele Unternehmen die Komplexität der Marktmechanismen unterschätzen.

Negative Strompreise können nur dann zum Vorteil werden, wenn Beschaffung, Verbrauch und Marktbeobachtung professionell aufeinander abgestimmt sind. Andernfalls überwiegt die Unsicherheit – und die erhofften Einsparungen bleiben aus.

Wichtig ist jedoch die Einordnung: Auch wenn negative Strompreise und Abregelungen für Betreiber Herausforderungen darstellen können, überwiegen die Vorteile von EEG-Anlagen für Unternehmen deutlich. Eigene Anlagen zur erneuerbaren Stromerzeugung senken langfristig Energiekosten, reduzieren die Abhängigkeit vom Strommarkt und leisten einen Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Was beispielsweise PV-Anlagen für Unternehmen leisten können, worauf es dafür ankommt und welche Chancen sich ergeben, lesen Sie in unserem Beitrag zu Photovoltaik für Unternehmen.

Unser Fazit: Negative Strompreise als Chance – mit der richtigen Strategie

Die Komplexität im Energiemanagement steigt. Besonders Unternehmen mit mehreren Standorten oder energieintensiven Prozessen stehen vor der Frage, wie sie kurzfristige Chancen nutzen und langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern können.

Wir bei EHA unterstützen Sie dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ob durch strukturierte Beschaffung, datenbasiertes Monitoring oder individuelle Strategien – gemeinsam entwickeln wir ein Konzept, das zu Ihrem Unternehmen passt.

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